Bauprodukte als zentrale Bausteine des nachhaltigen Bauens
Was ist ein Gebäude, wenn nicht die Summe aller verwendeten Bauprodukte? Um den Einfluss der Bauprodukte im DGNB System richtig bewerten zu können findet bei der DGNB eine projektbezogene Bewertung statt. Das heißt, das Zertifizierungssystem ist dafür ausgelegt, Produkte im Verbauungskontext zu bewerten, anstatt sich auf die Nachhaltigkeit der einzelnen Produkte zu konzentrieren. Die DGNB vergibt also keine Zertifikate für Bauprodukte, sondern sie zeichnet die Nachhaltigkeit von Quartieren, Gebäuden und Innenräumen aus und lässt dabei die Produktrelevanz nicht außen vor. Das DGNB System geht sogar weit über eine reine Bewertungs- und Auszeichnungsfunktion hinaus. In der Praxis wird das DGNB System als effizientes Optimierungsinstrument für Nachhaltigkeit rund ums Planen, Bauen und Betreiben eingesetzt. Dabei werden keine Einzelmaßnahmen bewertet, sondern Wirkungen im Gesamtkontext, bezogen auf den gesamten Lebenszyklus – also die tatsächliche Performance von Bauvorhaben.
Direkter und indirekter Einfluss von Bauprodukten
Produktrelevanz ist nicht gleich Produktrelevanz. Die DGNB unterscheidet zwischen einem direkten Einfluss und einem indirekten Einfluss innerhalb der verschiedenen Kriterien.
- Direkter Einfluss: Hier werden qualitative und quantitative Merkmale beziehungsweise Eigenschaften eines konkreten Produkts im Gebäudekontext betrachtet. Die Bewertung wird demnach heruntergebrochen auf die jeweiligen Produktcharakteristika und das Produkt kann somit die Gesamtperformance des Gebäudes verbessern – es macht also einen Unterschied, ob Produkt A oder B verbaut wird.
- Indirekter Einfluss: Hier werden Produkte im Gesamtkonzept betrachtet, jedoch nicht auf Produktebene. Planerische Leistungen in Bezug auf Bauprodukte oder Lösungsansätze werden belohnt, die sowohl planerisch als auch über die Produktwahl umgesetzt werden können (zum Beispiel ein Begrünungskonzept der Außenanlagen).
Es lohnt sich also, sich bei jedem Projekt erneut die Auswahl kritisch zu hinterfragen und die Wahl jedes Produktes genau zu bedenken – egal, ob eine direkte oder indirekte Relevanz im Kriterium vorliegt.
Produktrelevanz an Beispielprojekten
Die Kriterien im Detail
Grundsätzlich berücksichtigt das DGNB System neben den qualitativen und quantitativen Eigenschaften der eingesetzten Produkte (mit direktem Einfluss auf die Gesamtperformance) auch die planerische Leistung inklusive der verwendeten Bauprodukten und Systemen (mit indirektem Einfluss auf die Gesamtperformance).
Wichtig ist, dass im DGNB System alle Wirkungen im Gesamtkontext mit Blick auf den gesamten Lebenszyklus und keine Einzelmaßnahmen betrachtet werden. Welchen Bezug zum Zertifizierungssystem die jeweiligen Produkte haben sowie Kenn- und Richtwerte finden Sie in folgender Übersicht kurz erläutert.
Kriterien mit direktem Einfluss
Ökologische Qualität | |
ENV1.1 Ökobilanz des Gebäudes | Die emissionsbedingten Umweltwirkungen und der Verbrauch von endlichen Ressourcen über alle Lebensphasen eines Gebäudes. |
ENV1.2 Risiken für die lokale Umwelt | Anforderungen an die Umweltverträglichkeit der Materialien. Anhand von Qualitätsstufen werden die lokalen Risiken stoff- und produktbezogen bewertet |
ENV1.3 Verantwortungsbewusste Ressourcengewinnung | Die ökologischen und sozialen Standards der Rohstoffgewinnung. Positiv bewertet wird, wenn zum Beispiel Sekundärrohstoffe eingesetzt werden, Rohstoffe nachwachsen können oder diese sogar zertifiziert sind. |
ENV2.2 Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen | Der Trinkwasserbedarf und das Abwasseraufkommen wird maßgeblich über die Planung, Grauwasser oder Regenwassernutzung beeinflusst, sowie über die Reduzierung des Trinkwasserbedarfes. Hierauf haben unter anderem auch wassersparende Armaturen einen Einfluss. |
Ökonomische Qualität | |
ECO1.1 Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus | Die Bauteilkosten der KG 300 und KG 400 nach DIN 276-1 auf die theoretische Lebensdauer des Gebäudes bezogen |
ECO2.1 Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit | Positiv bewertet werden flexible Systeme, die ohne größere bauliche Maßnahmen verändert werden können. Zum Beispiel betrifft dies Fassadenanschlüsse für veränderbare Trennwandsysteme oder die Flexibilität der TGA. |
Soziokulturelle und funktionale Qualität | |
SOC1.1 Thermischer Komfort
| Es gelten besondere Anforderungen der Raumlufttechnischen Anlagen und Eigenschaften der maßgeblichen Materialien (z.B. Gebäudehülle). Betrachtet werden Zuglufterscheinungen, Oberflächentemperaturen und -assymetrien und die Raumluftfeuchte. |
SOC1.2 Innenraumluftqualität | Die TVOCs und Formaldehydkonzentration aller eingebauter Materialien und Produkte werden in diesem Kriterium in der Innenraumlufthygienemessung nachgewiesen. |
SOC1.3 Akustischer Komfort | Unterschiedlich genutzte Räume werden über Messungen oder Berechnungen der Nachhallzeit bewertet. Die Oberflächenmaterialien der Raumbegrenzungsflächen geben hier den Einfluss für ein positives Ergebnis. |
SOC1.4 Visueller Komfort | Der visuelle Komfort setzt sich aus der Tageslichtverfügbarkeit, Sichtverbindungen in den Außenraum, Blendfreiheit und der Betrachtung der Kunstlichtqualität zusammen. Es geht also um planerische Aspekte und Produkte gleichermaßen. |
Technische Qualität | |
TEC 1.2 Schallschutz | Betrachtet werden die Luftschalldämmung zwischen Räumen (Anforderungen an Wände, Decken, Türen, Fußböden), der Trittschallschutz (Geschossdecken und Treppen) und der Luftschallschutz gegenüber Außenlärm und haustechnischen Anlagen. |
TEC1.3 Qualität der Gebäudehülle | Bewertet werden Wärmedurchgangskoeffizienten, Transmission über Wärmebrücken, sommerlicher Wärmeschutz und die Luftdichtheit der Gebäudehülle. |
TEC1.5 Reinigungsfreundlichkeit des Baukörpers | Neben planungs- und betriebsrelevanten Einflüssen haben auch Beschaffenheiten von Bauprodukten einen Einfluss auf die Reinhaltung des Gebäudes, z. B. Bodenbeläge und generell Oberflächenbeschaffenheiten. |
TEC1.6 Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit | Um den Lebenszyklus von Baustoffen weiter zu denken, ist es notwendig, bei der Auswahl auf Recyclingfreundlichkeit zu achten. Des Weiteren wird eine rückbaufreundliche Baukonstruktion positiv bewertet. |
TEC1.7 Immissionsschutz | Betrachtet werden Eigenschaften der Leuchtmittel, die Lichtverschmutzung möglichst gering halten, z.B. nach unten gerichtete Außenbeleuchtung. |
Kriterien mit indirektem Einfluss
Ökologische Qualität | |
ENV2.4 Biodiversität am Standort | Betrachtet werden Biotop-Angebote in Form von Grünflächen und Brutstätten am, auf und um das Gebäude. Grundlage bietet hier der Dachaufbau bzw. die Vorrüstung für vertikale Begrünung, daher fließen die Materialien hier indirekt in die Bewertung mit ein. |
Soziokulturelle und funktionale Qualität | |
SOC1.5 Einflussnahme des Nutzers | Die Steuerbarkeit von Kunstlicht, Lüftung, Temperaturen, Verschattung und Blendschutz. |
SOC1.6 Aufenthaltsqualitäten innen und außen
| Positiv bewertet wird das Vorhandensein von Ausstattungsmerkmalen, die die Aufenthaltsqualität im Außenraum beeinflussen. Zum Beispiel: Fest verankerter Sonnenschutz. |
SOC1.7 Sicherheit
| Betrachtet wird unter anderem das Vorhandensein von technischen Sicherheitseinrichtungen wie zum Beispiel Videoüberwachung, Rundsprechanlagen und Notfallrufsäulen. |
SOC2.1 Barrierefreiheit | Gestaltung schwellenfreier Zugänge, Ausbau, Nutzung und barrierefreie Toilettenräume. |
Technische Qualität | |
TEC1.4 Einsatz und Integration von Gebäudetechnik | Positiv bewertet wird eine Gebäudekonzeption mit einer bestmöglichen Nutzung passiver Systeme und der Einbindung von regenerativen Energien für die erforderlichen technischen Systeme. |
Prozessqualität | |
PRO1.4 Sicherung der Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibung und Vergabe | Indirekter Einfluss über die Festschreibung der Anforderungen an Bauprodukte und technische Aspekte innerhalb der Ausschreibung.
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PRO1.5 Dokumentation für eine nachhaltige Bewirtschaftung | Abgefragt wird eine umfängliche Dokumentation von Wartungs-, Inspektions-, Betriebs- und Pflegeanleitungen. |
PRO2.1 Baustelle / Bauprozess | Bewertet wird eine lärm-, staub- und abfallarme Baustelle. Dies kann indirekt bereits mit der Bauproduktewahl beeinflusst werden. |
Produktdatenbank
Der DGNB Navigator ist eine einzigartige Bauprodukteplattform, die über eine intelligente Produktsuche komprimierte und aussagekräftige Informationen liefert und somit Orientierung bei der Produktauswahl bietet.
Produktregistrierung
Sie möchten ein neues Produkt in den DGNB Navigator einstellen? Das funktioniert ganz einfach:
Der DGNB Navigator
Der DGNB Navigator ist eine Bauprodukteplattform – allerdings nicht irgendeine. Als einzige Bauprodukteplattform am Markt verbindet der DGNB Navigator das Informationsangebot von Herstellern zu produktspezifischen Nachhaltigkeitsaspekten mit der Nachfrage der Planer. Gleichzeitig schlägt er die Brücke zur DGNB Zertifizierung.